San Telmo Sunday

San Telmo – Ältester Stadtteil von Buenos Aires

Ich muss zugeben, dass dieser Tag schon über eine Woche zurückliegt, aber ich möchte ihn dennoch mit euch teilen. Es handelt sich hierbei um vorletzten Sonntag, an welchem ich San Telmo durchquert habe und schlussendlich im Stadtteil La Boca gelandet bin. Dieser verspricht etwas südamerikanischen Flair, welchen ich in dieser Stadt mitlerweile doch ziemlich vermisse. Ich möchte jedoch nicht zu viel vorweg nehmen.

An diesem Tag bin ich schon zeitig aufgestanden, denn ich hatte gelesen, dass es jeden Sonntagmorgen in San Telmo einen großen Flohmarkt geben solle und den wollte ich mir nicht entgehen lassen. Direkt nach dem Frühstück habe ich mich dahin auf den Weg gemacht. Unglücklicherweise habe ich mir für meine Unternehmung mal wieder den heißesten Tag ausgesucht, aber was rede ich da: Hier ist es ja erst Frühling, da geht sicherlich noch mehr. Auf Grund des guten Wetters beschließe ich also zunächst ein wenig in die andere Richtung zu laufen, um dem Nationalkongress einen kurzen Besuch abzustatten. Da sich mein Hostel in Sichtweite dessen befindet, war mir das Gebäude durchaus kein Unbekannter mehr. Aber genau betrachtet habe ich es jetzt das erste mal.

Da das argentinische Abgeordnetenhaus nun aber auch kein Exot unter den Parlamenten ist, nehme ich nach meinem kleinen Umweg wieder Kurs auf San Telmo. Glücklicherweise ist der Weg dorthin nicht schwer zu finden. Vom Congreso folgt man der Hauptstraße immer gerade aus, bis man zur Casa Rosada, dem Sitz des argentinischen Präsidenten kommt. Ich laufe an einem Grüppchen Demonstranten vorbei, welches die Opfer des Falklandkrieges beklagt. Anscheinend ist das hier Alltag. Vermutlich interessiert sich deswegen kaum jemand dafür, schade eigentlich. Schließlich mussten diese armen Menschen für einen ziemlich stupiden Konflikt sterben. Ich versuche näher an die Casa Rosada heran zu kommen, aber ab einem gewissen Punkt wird einem durch Barikaden der Weg versperrt. Und die Sicht leider auch. Das ist allerdings auch nicht weiter schlimm, denn ich finde dieses Gebäude nicht annähernd so fotogen, wie sein großer, politischer Bruder. Warum mussten die Bauherren auch so asymmetrisch bauen. Damit ihr selbst entscheiden könnt, welches euch mehr gefällt, findet ihr nachfolgend die Casa Rosada.

Danach habe ich es endlich auf den Flohmarkt geschafft. Er zieht sich kilometerlang durch eine nette Straße dieses alten Viertels. Allerdings muss ich sagen, dass ich davon ein wenig enttäuscht war. Ich habe mir einen echten Flohmarkt vorgestellt, wo normale Leute ihr entbehrliches Hab und Gut zum Verkauf präsentieren. Ganz im Gegenteil dazu, bestand der Flohmarkt leider fast ausschließlich aus professionellen Händlern, welche dir ihren Schmuck, Handtaschen oder Mate-Becher anboten. Die genannte Reihenfolge spiegelt hierbei die Häufigkeit der Stände wieder. Sehr schade, denke ich und laufe den Flohmarkt nur noch ab, weil ich nicht weiß, was ich San Telmo sonst machen könnte.

Im Anschluss an den misslungenen Flohmarktbesuch gehe ich zur russisch-orthodoxen Kirche von Buenos Aires. Kirchen sind in dieser Stadt oft schwer zu finden, da sie sich wie jedes andere Haus auch an die Rasterplanung des Straßennetzes halten müssen. Im Gegensatz zu Europa wo Kirchen meist freistehend auf einem großen Platz thronen, müssen deren argentinische Genossen sich Wand an Wand zwischen die Nachbarhäuser quetschen.

Bedauerlicherweise ist die Kirche an diesem Tag verschlossen, also setze ich mich erstmal in den angrenzenden Park, um eine Weile das gute Wetter zu genießen. Hier kann das Wetter im Frühling sehr wechselhaft sein, wie ich zu spüren bekommen habe. Während es am einen Tag noch pralle Sonne gibt und man kaum wagt das Hostel zu verlassen, möchte man es am nächsten Tag nicht tun, weil ein eisiger Wind durch die Straßen pfeifft.

Während ich lange Zeit im Park verweile, nutze ich die Ruhe um einen Artikel für diesen Blog zu schreiben (im Hostel kommt man ablenkungsbedingt nämlich nicht immer dazu). Dabei kann ich auch ein wenig Energie auftanken, denn diese lärmende Stadt kann manchmal ganz schön anstrengend sein.

Da gerade erst Mittag ist und ich noch nicht Heim gehen möchte, gehe ich von San Telmo noch weiter nach La Boca. Auf dem Weg dahin kommt dann zum ersten Mal das Gefühl, wirklich in Südamerika zu sein, in mir auf. Je weiter ich mich von San Telmo entfernte, desto niederer werden die Häuser. Plötzlich sind da Leute, die Leute auf der Straße grillen und laut Musik hören. Hier und da spielen Alt und Jung miteinander Fußball. Kaum ein Auto durchquerte hier die Straßen. Eine herrliche Stimmung.

Je weiter ich in das Viertel vordringe, desto mehr Menschen kommen mir dann in Fußballtrikots entgegen. Zunächst denke ich, dass das an Sonntagen vielleicht normal sei, bis ich das Stadion der Boca Juniors (einer der beidem großen Clubs aus Buenos Aires) erblicke.

Allem Anschein nach soll hier am Nachmittag ein Spiel stattfinden, was die Menschenmengen in Vereinskleidung und auch das Polizeiaufgebot erklärt. Ehrlich gesagt fühle ich mich direkt vor dem Stadion nicht ganz so wohl, da mich alle ansehen, als wäre ich von einem anderen Stern. Und als wäre mein Rucksack ein Schatz von diesem Stern. Deswegen habe ich leider kein Foto von den Menschenmassen vor dem Stadion.

Was ich euch aber zeigen kann ist der schöne Kern des Viertels zu dem ich eigentlich hinwmöchte. Es ist bekannt für seine bunten Häuser und dass es sich den altertümlichen Stil von Buenos Aires bewahrt hat.

Neben den Häusern findet man auch eine ganze Menge Wandmalereien. Das ganze ist wirklich spektakulär, aber dementsprechend viele Touristen laufen hier auch rum. Ich mag das gar nicht. Also ziehe ich mich recht zügig in die weniger überlaufenen Straße des Viertels zurück und finde dennoch etwas schönes.

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Da so langsam der Hunger anklopft, suche ich mir etwas Abseits des Touristentrubels ein Restaurant. Dort gibt es für mich gutes Geflügel vom Grill und im Anschluss schreibe ich noch eine ganze Weile in mein Reisetagebuch. Eine Sache, die ich an Argentinien echt mag, ist dass man hier auch nur einen Kaffee trinken kann, aber den ganzen Tag sitzen bleiben dürfte. Vor allem in Buenos Aires schafft das eine kleine Blase der Zeitlosigkeit in der allgegenwärtigen Hektik.

Bier wird hier übrigens in der Regel in Literflaschen verkauft. Im Restaurant gleicht es dann dem Trinken von Wein in Europa. Man bestellt sich zu weit oder dritt eine Flasche und zehrt daran gemeinsam. Wenn man allerdings alleine unterwegs ist hat man, wohl oder übel, niemanden mit dem man sein Bier teilen kann.

Nach einem kurzen Ausblick auf den Hafen von La Boca, fahre ich dann mit dem Bus zurück zum Hostel, wo zufälligerweise gerade die zweite Halbzeit des Boca Juniors Spiel läuft. Sie haben gewonnen.

2 Gedanken zu “San Telmo Sunday

    1. Vom Tango habe ich mich tatsächlich weitestgehend ferngehalten, da er in der Regel mit richtigen Milongas verbunden ist. Und die sind nicht in meinem Budget…
      Aber Buenos Aires ist eine ziemlich Tango-Verrückte Stadt. Viele gehen hier nur hin um Tango zu tanzen. Ich hatte halt andere Ziele 😉

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